St. Severin Ideen-Wettbewerb | BDA Masters | 2017 | Bachelorarbeit
Aufgabe
Das zu kleine Pfarrbüro aus der Nachkriegszeit soll nach der Renovierung der zugehörigen Kirche St. Severin modernisiert werden. Die frei stehende Bibliothek an der Straße muss, das alte Pfarrbüro kann abgerissen werden. Außerdem soll ein zweites Gebäude an einem naheliegenden Platz entstehen. Vorgegeben ist ein deutlich größeres Raumkonzept als der Bestand bietet, mit Pfarrbüro, Pfarrwohnung, Schwesternzimmern, Bibliothek, Cafe und Wohnungen. Die Hälfte des Laubengangs ist denkmalgeschützt, eine Fortführung im Neubau ist gewünscht. Das der Pfarrei gehörende Wohngebäude an der Straße kann umgenutzt werden, wurde allerdings vor wenigen Jahren saniert. Insgesamt soll eine neue Adresse für die Gemeinde entstehen.
Nach einem Wasserschaden am Kirchenheiligtum [einem hölzernen Schrein, der die Gebeine St. Severins enthalten soll] während einer Prozession wurde das Siegel aufgebrochen und der Inhalt untersucht. Die enthaltenen Gebeine waren in Tücher eingewickelt, die teilweise aus dem achten Jahrhundert stammen. Sie sind vorrübergehend in einem kleinen Seitenraum der Krypta ausgestellt, der den Ausstellungsstücken und der Besuchermenge nicht gerecht wird. Dieser Aspekt war nicht Teil der Aufgabenstellung.
Lösung Pfarrbüro, Pfarrhaus und Museum
Das Erdgeschoss des Wohngebäudes erhält eine Erweiterung und beinhaltet den Empfang mit einem Cafe und die Büroräume, die auch über den privateren Hauseingang erreichbar sind. Den neuen Eingang erreicht man über eine barrierefreie Treppenrampe, die auf einen kleinen Vorhof führt. Ein schmaler Gebäudeteil verbindet das Empfangsgebäude mit dem Sanitärbereich und einem kleinen Museum zur Kirchengeschichte. In diesem Rahmen entsteht ein angemessener Aufbewahrungs- und Ausstellungsraum für die historischen Tücher. Der Ausgang führt direkt in die Krypta oder den bestehenden, außen liegenden Kreuzgang, der nun auch für Besucher geöffnet wird und so eine Verbindung zwischen Kirche und Pfarrbüro herstellt. Ein weiterer Gang führt über eine Treppe runter zu den Archiven und dem zurückgezogenen Büro des Pfarrers, das einen eigenen Zugang erhält. Dieser diskrete Zugang liegt neben dem Eingang zu den neuen Wohnungen. Das mal mehr mal weniger öffentliche Erdgeschoss wird aus mit Dämmsteinen vermauertem Backstein hergestellt und erhält ein Flachdach, die oberen Geschosse werden in Holzständerbauweise ausgeführt. Die Fassade besteht vollständig aus Glas, vor das ein Kupfergewebe gespannt wird, das die gewebten Tücher symbolisiert und durch die gegenläufig gefaltete Form an die Webetechnik mit Kette und Schuss erinnert. Die offen gestaltete Pfarrerwohnung mit Splitlevel erhält eine eingelassene Dachterrasse.
Lösung Bibliothek und Wohnhaus
Das an einem nahen Platz gelegene zweite Grundstück erhält eine Bibliothek im Erdgeschoss, die ebenfalls mit hellem Backstein vermauert ist und sich mit hohen Fenstern zum Platz und zum benachbarten Kindergarten öffnet. Es gibt Platz für Veranstaltungen, den Buchbestand der Gemeinde und Arbeitsplätze. Alles fließt ineinander über, um eine spätere Verschiebung der Präferenzen zu ermöglichen. Die darüber liegenden Wohnungen sind geschickt verschachtelt, um zwei Wohnungen je Geschoss mit angemessenen Fensterflächen zu ermöglichen. Die Fensterflächen lassen sich im Wohnbereich vollständig auffalten und verwandeln diesen so in einen Außenraum. Zudem wird aus der rechteckigen Form des Erdgeschosses eine L-Form, um zusätzliche Distanz zur Nachbarbebauung zu gewinnen. Die oberen Geschosse sind wieder in Holzbauweise ausgeführt und mit vollständigen Glasfassaden und vorgespanntem Kupfergewebe verkleidet, welches sich hier durch die grüne Korrosion mit der Zeit den Bäumen am Platz angleicht. Laut Landesbauordnung NRW waren damals nur vier Geschosse in Holzbauweise zulässig, die fünf Geschosse sind aber für den Kontext und die Wirtschaftlichkeit notwendig. Da das Erdgeschoss aber massiv gemauert ist, lässt sich diese Auflage umgehen: es gibt nur vier Holzgeschosse. Außerdem wird der Brandschutz und der Diebstahl- bzw. Sabotageschutz durch das massive Erdgeschoss erheblich verbessert. Nach der aktuellen Landesbauordnung wäre eine reine Holzbauweise mit einer entsprechenden Beplankung ebenfalls denkbar.
Die achtköpfige Jury des Ideenwettbewerbs der Pfarrkirche St. Severin Köln hat die Arbeit mit einem 2. Platz und einem Preisgeld gewürdigt.
Außerdem wurde der Entwurf als einer von dreien der Uni Wuppertal zum BDA Masters 2017 nominiert und gemeinsam mit 26 weiteren Arbeiten von 9 Universitäten am Tag der Preisverleihung präsentiert.
Betreuung
Lehrstuhl für Baukonstruktion, Entwerfen und Materialkunde
Prof. Annette Hillebrandt | Dipl.-Ing. Lena Schalenbach
Bergische Universität Wuppertal